Weihnachtsoratorium von J.S. Bach

Montag, 09.12.2019 – Wiesbadener Kurier

Von Manuel Wenda

WIESBADEN. Vielerorts erklingt in der Adventszeit Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“, in der Marktkirche kam es nun zu einer besonderen Aufführung: Die Teile eins, drei und sechs wurden Kompositionen Thomas J. Franks gegenübergestellt, der Kantor selbst dirigierte. Am Anfang stand Franks Adventskantate für Chor und Orchester.

Leise Paukenwirbel weisen den Streichern den Weg, der Chor der Marktkirche beginnt zu singen – der Text ist dem Weihnachtsoratorium und dem Sonett „Über die Geburt Jesu“ von Andreas Gryphius entnommen. Die starke Sprache des schlesischen Barockdichters (1616-1664) durchweht Franks Komposition in ihrem tiefen Glauben und ihrer Erschütterung; beschwörend singt der Chor der Marktkirche.

Machtvoll setzt „Jauchzet, frohlocket“ ein: Klar und eindringlich gestaltet Tenor Christian Rathgeber die Partie des Evangelisten. Den raumgreifend schwebenden Gesang des Altus Jud Perry in „Bereite dich, Zion, mit zärtlichen Trieben“ trägt die Kammerphilharmonie Rhein-Main rhythmisch exakt. Höchst lebendig und energiegeladen singt Bariton Thomas Gropper „Großer Herr und starker König“. Den Choral „Ach mein herzliebes Jesulein“ prägen fein abgestimmte dynamischen Wellen.

Es folgt Franks Paraphrase über „Maria durch ein’ Dornwald ging“. Warm tönen die Streicher, betörend singt die Sopranistin Shira Patchornik. Franks Paraphrase verströmt glühende Innerlichkeit, ganz zart wird von der Kammerphilharmonie Rhein-Main Tänzerisches angedeutet. Die Klangsprache Franks ist sehr zugänglich: farbenreich mit romantischem Einschlag. So kommt die religiöse Dimension des Stücks in einer Weise zum Tragen, welche Sanftmut und Überwältigung vereint.

Feierlich geht ein erhebender Abend zu Ende

Großer Schwung prägt die Eröffnung des dritten Teils des Weihnachtsoratoriums. Schön umspielt die Solovioline den Gesang Jud Perrys in „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder“. Mitreißend ist die Darbietung des Chors der Marktkirche.

In Thomas J. Franks Sternenfantasie über „Stern über Bethlehem“ fangen Patchornik, Perry und die Kammerphilharmonie Rhein-Main helles Leuchten ein.

Feierlich bricht der sechste Teil des Weihnachtsoratoriums an: Ergreifend interpretiert der Chor der Marktkirche „Ich steh an deiner Krippen hier“. Eine geradezu hypnotische Aura wohnt der Arie „Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken“ inne, die Rathgeber mit Inbrunst darbietet. Zum Abschluss gibt es Franks Weihnachts-Fantasie über „Adeste Fidelis“ mit Glanzlichtern von Patchornik und Gropper. Applaus im Stehen für Solisten, Chor und Kammerphilharmonie Rhein-Main unter Thomas J. Frank am Ende eines erhebenden Abends.